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Wie Dänemark sich ins Fettnäpfchen setzte!

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Die kurze Geschichte der Transfett-Steuer und was wir daraus lernen können

Heute möchte ich dir eine knapp über 10 Jahre alte Geschichte von unserem Nachbarland Dänemark vorstellen. Jetzt fragst du dich vielleicht… 

Warum teile ich diese Geschichte mit dir?

Weil sie ein tolles Beispiel dafür ist, was passiert, wenn wir bestimmte Lebensmittel von unseren Tellern verbannen…nur eben auf Staatsebene 😉

Hier gibt es einige Learnings zu Intuitivem Essen und es wird unterhaltsam. Also schnapp dir nen Tee und Enjoy!

Seit Jahren wird in Deutschland nach einer Steuer auf “ungesunde” Lebensmittel verlangt. Du hast bestimmt schon von einer Zuckersteuer oder einer Fettsteuer gehört.

Das heißt konkret, dass Lebensmittel, die besonders reich an Zucker oder Transfetten sind, höher besteuert werden sollen, mit dem Ziel Bürger*innen dazu zu bewegen, weniger von diesen Produkten zu kaufen und mit dem Nebeneffekt, die Staatskasse durch solche Verkäufe aufzufüllen.

Jetzt denkst du dir wahrscheinlich “So ein Schmarrn! Wer macht denn sowas?” Und du hast Recht! 

Gemacht hat es Dänemark und sie haben den Plan nicht ganz durchdacht. Ab hier wird es unterhaltsam… 

Die Vorgeschichte: 

Dänemark hat bereits seit 2003 eine Höchstgrenze von maximal 2% für industriell bedingte trans-Fettsäuren in der Fettfraktion von Lebensmitteln bestimmt. (Quelle: Eine Untersuchung des Biochemikers Steen Staender der Uni Kopenhagen). Nun sollte 2011 eine Steuer auf Transfette folgen.

Die Argumente der Regierung kommen dir bestimmt bekannt vor, denn es sind immer die gleichen:

  • “Gesundheitssteuer” -> fördere ein gesünderes Essverhalten
  • Risikofaktor hohe Blutfettwerte werden gesenkt -> Es entstünde eine “gesündere” Gesamtbevölkerung
  • Senkt die “Ausbreitung von Volkskrankheiten” -> Das Gesundheitssystem werde entlastet
  •  Staatskasse werde direkt entlastet durch Steuereinnahmen

Pro Kilogramm gesättigte Fettsäuren sollten 16 Kronen (damals 2,15 Euro) fällig werden. Viele große internationale Zeitungen berichteten darüber.

Eine Quelle, die bereits bei der Einführung der Steuer etwas kritischer war, war die TAZ. Denn sie gab die Bedenken von Ernährungsexpert*innen wieder, dass bestimmte Lebensmittel trotz ihres hohen Fettanteils empfohlen werden, wie z.B. Nüsse oder Molkereiprodukte. Die Landwirtschaftslobby war außer sich, da Fisch, der von Natur aus auch viel Fett enthält, von der Steuer ausgenommen war, Geflügel aber nicht. Ganz ehrlich, der TAZ Artikel liest sich herrlich und ich stelle mir die ganzen Lobbyisten vor, wie sie sich wie kleine Kinder im Parlament streiten und “ICH!” “ICH!” rufen. Herrlich! Fehlt nur noch Popcorn 😉

Aber was fehlt mal wieder in der Berichterstattung?

Richtig! Der psychologische Aspekt. 

Nämlich dass Menschen bei Besteuerung bzw. Knappheit bestimmter Lebensmittel zu Hamsterkäufen neigen. Der psychologische  Effekt von “Das wird bald teurer” führt dazu, dass bald teurere Lebensmittel überproportional mehr zu wollen als vorher bzw. der Drang, sich zu bevorraten. Wir erinnern uns alle noch an die Toilettenpapier-Knappheit zu Beginn der Corona-Pandemie. Ich nenne es liebevoll die Kackokalypse. Dieser Gedanke der Verknappung löst in unserem Gehirn eine Art Alarm aus. 

“Achtung! Achtung! Lebensmittel XYZ gibt es bald nicht mehr. Schnell alles was geht horten für schlechte Zeiten.”

Na? Kommt dir das bekannt vor? 

Genau dasselbe passiert, wenn wir beschließen, ab Montag auf Diät zu gehen und z.B. keine Süßigkeiten mehr zu essen. Was wird dann am Sonntag dem letzten Tag vor der Diät gegessen? Richtig! Die “Henkersmahlzeit” aus Kuchen, Nudeln, Pizza und Burger. Der Cheat-Day ist vorprogrammiert [Blogartikel “Cheatday: Wen oder was betrügst du hier wirkich?”]

Der ORF hatte dänische Supermarkt- und Industrieleiter interviewt. Hier ein Auszug:

„Wir mussten unsere Lager mit tonnenweise Butter und Margarine auffüllen, um unsere Kunden bedienen zu können“, sagte Sören Jörgensen vom Molkerei-Konzern Arla. Christian Jensen, Leiter eines Supermarktes in der Hauptstadt Kopenhagen, sprach von einer „chaotischen“ Woche: „Es gab viele leere Regale. Die Leute haben ihre Tiefkühltruhen gefüllt.“ Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten durch die Steuer erwartet Jensen aber nicht. „Wenn die Leute einen Kuchen kaufen wollen, dann kaufen sie ihn.“

Was Jensen wahrscheinlich nicht im Interview sagen wollte, ist, dass Leute dann erst Recht Kuchen kaufen wollen, weil er eben “verboten” ist. Die verbotenen Früchte sind immer die attraktivsten und bleiben uns am längsten im Gehirn. Das ist dieser “Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten” Effekt oder noch eindrücklicher: Denke mal zurück an die US-amerikanische Prohibitionszeit mit ihren Speakeasy Hinterzimmern, ausgelassenen geheimen Parties und Moonshine Schnaps Brennereien in der Badewanne von irgendwelchen Hinterhöfen. 

Jetzt fragst du dich wahrscheinlich, was aus der Steuer geworden ist?

Das Ende der Fett-Steuer:

Nun, sie wurde nach knapp einem Jahr wieder abgesetzt. Aber der Grund dafür ist einfach köstlich. Die Dänen sind nämlich ressourcenreich. Statt 30 Cent mehr für eine Packung Butter auszugeben, pendelten sie über die Grenze in Nachbarländer und kauften einen Jahresvorrat an Butter z.B. in Deutschland. Der dänische Einzelhandel erlebte massive Einbußen, die sogar zu Massenkündigungen führten. Die Rechnung der massiven Gewichtsabnahme ging nicht auf und die “Gesundheitssteuer” wurde zu einer Pendel-Einladung. (Quelle HIER

Darf ich vorstellen: Die Diät-Rebell*in

Mich erinnert das an die Zeit, in der meine Eltern mir Schokolade streng eingeteilt haben und ich jedes Mal neue Wege erfand, an meine geliebte Schoki nach der Schule zu kommen. Ich kletterte auf wackelige Hocker und brach sogar Schränke auf. Nichts konnte mich stoppen. 

Wenn ich diese Geschichte aus meiner Kindheit in fremder Runde erzähle, reagieren Viele Menschen besonders geschockt: “Oh mein Gott! Du warst als Kind schon zuckersüchtig!” oder Ähnliches musste ich mir bereits anhören. 

Und soll ich dir was verraten? Es gab eine Zeit, da hätte ich ganz genauso reagiert. Ich hätte Angst vor meiner rebellischen Seite gehabt. Vor ihrer Entschlossenheit und dass Verzicht auf Zucker solche Kräfte in mir freisetzt. Ich habe tatsächlich aus dem Holzschrank das Schloss komplett herausgehebelt, um an die Schoki zu kommen! Und das als Grundschulkind. Adrenalin ist mächtig 

Heute sage ich “RESPEKT kleine Diät-Rebell*in” und bedanke mich bei ihr

Nachdem ich weiß, dass Verzicht nur dazu führt, dass ich das Lebensmittel nur noch mehr haben will, blicke ich mit einem ganz anderen Blick auf meine kleine Schoko-Rebell*innen Vergangenheit:

Ich schätze meine rebellische Seite sehr, denn sie hat mich vor einer Essstörung im Grundschulalter beschützt.

Dank meiner inneren Rebell*in habe ich mir den Spaß und die Lust am Essen erhalten und meine Bedürfnisse befriedigt, als mir der Zugang zu ihnen verwehrt wurde. Fuck the system! In seiner reinsten Form.

Sie kommt mich heute manchmal immer noch besuchen. Zwar brauche ich sie seltener, weil ich ihr gebe, was sie möchte, aber wenn sich doch mal ein Gedanke der Essenspolizei in meinem Kopf verirrt, wie z.B. “Du willst jetzt ernsthaft nachmittags noch ein Croissant essen? Du weißt schon wie fettig das ist?” Dann kommt sie an und schaut der Essenspolizei mit hoch erhobenem Mittelfinger ins Gesicht, schnappt sich das größte Croissant was sie finden kann und beißt herzhaft hinein. 

Was hat Intuitives Essen für mich verändert? 

Heute sitze ich mit der Rebell*in gemeinsam am Tisch und passe auf, dass sie es mit der Rebellion nicht übertreibt. Denn manchmal geht es ihr mehr darum ein starkes Statement gegen die Essenspolizei zu machen, als ihre tatsächlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Rebellion um der Rebellion willen. la rébellion pour la rébellion. Das kann ich zwar verstehen, aber…

Durch IE habe ich gelernt zu rebellieren, aber mich selbst dabei nicht aus den Augen zu verlieren.

Heute sitzen die Rebell*in und ich gemeinsam am Tisch. Wir genießen das Croissant zusammen. Wir teilen es uns. Oft bleibt etwas übrig für später, manchmal schmeckt es uns aber auch einfach zu gut und wir essen unseren Teller leer. Auf jeden Fall habe ich einen liebevollen Blick auf diesen Persönlichkeitsanteil von mir gewonnen. Ich bewundere sie für…

  • Ihren Einfallsreichtum
  • Ihre Kreativität
  • Ihre Entschlossenheit
  • Ihre Energie
  • Ihren Gerechtigkeitssinn
  • Ihre Unnachgiebigkeit im Kampf für das, was ihr wichtig ist
  • Ihr Selbstmitgefühl
  • Ihre Selbstwirksamkeit
  • Ihre Lebensfreude

Alle diese Eigenschaften sind wunderbare Kraftquellen für den Alltag als dick_fetter Mensch und generell tolle mentale Ressourcen im Leben. Elyse Resch, eine der beiden Autorinnen von Intuitive Eating und meine Supervisorin, ist ein großer Fan der kleinen rebellischen Stimme in uns. Die Dlät-Rebell*in ist ihr liebster Essen Typus. So sehr, dass sie das Intuitive Essens Workbook für Teenager geschrieben hat, in dem sie noch mehr auf die innere rebellische Stimme eingeht. 

Deine innere rebellische Stimme kann dich auf dem Weg zum Intuitiven Essen unterstützen. Sie hat aber auch leider das Potenzial manchmal über ihr Ziel hinaus zu schießen. Deshalb ist es wichtig sie ab und zu zu fragen

“Hey, Rebell*in, atme mal kurz durch. Schmeckt dir das Croissant eigentlich noch?” 

Ich wünsche dir viele heilsame Momente mit deiner inneren Diät-Rebell*in

Falls du ein bisschen mehr Hilfe brauchst deine Rebell*in überhaupt zu finden, oder mit ihr in den Dialog zu kommen unterstütze ich dich sehr gerne dabei. Über diesen LINK kommst du zu meinem online Terminkalender! Ich freue mich euch beide kennen zu lernen

Fette Grüße,

Dein*e Dot